Film über die Eröffnung des Dokumentationszentrums fertiggestellt

Der Film dokumentiert die feierliche Eröffnung des Dokumentationszentrums, die am 17. November 2019 im Wolfenbütteler Lessingtheater begann. Mehr als 400 Gäste, darunter über 40 Angehörige von in der NS-Zeit Hingerichteten und Inhaftierten nahmen an diesem Festakt teil. Im Anschluss konnten die Gäste das neu errichtete Dokumentationszentrum mit der Dauerausstellung “Recht. Verbrechen. Folgen. Das Strafgefängnis Wolfenbüttel im Nationalsozialismus” besuchen. https://youtu.be/PjnqTs7KNs8

Neues von der Baustelle: Arbeiten am Mauerdurchbruch haben begonnen

Das neue Dokumentationszentrum der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel ist durch zwei grundsätzlich widersprüchliche Gegebenheiten charakterisiert: Zum einen seinem Standort auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt, zum anderen der Möglichkeit des öffentlichen Zugangs.

Um auch spontanen, nicht angemeldeten Einzelbesucher*innen und Gruppen diesen Zugang zu gewähren, erfolgt der Zutritt zum Gebäude künftig durch ein neues Tor in der denkmalgeschützten historischen Gefängnismauer. Die Arbeiten für die Herstellung des Durchbruchs in der Anstaltsmauer haben in der vergangenen Woche begonnen. Zunächst wurden Umrissschnitte und Bohrungen gesetzt, anschließend werden die Träger eingebaut und die Mauer in diesem Bereich abgetragen. Ein Teil der Steine, die bei den Arbeiten als Abbruch anfallen, wird für eine Kunstinstallation im Innenhof verwendet.

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Erste Bohrungen in der Gefängnismauer gewähren einen Blick vom Innenhof des zukünftigen Dokumentationszentrums auf den Parkplatz der angrenzenden Volksbank eG, Wolfenbüttel, über den das Gebäude nach Eröffnung erschlossen werden kann.

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Blick aus dem Eingangsbereich des Neubaus auf die fortschreitenden Arbeiten für den Mauerdurchbruch © Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

 

Trauer um Jean-Luc Bellanger

Am Samstag, dem 5. Oktober 2019 ist im Alter von 94 Jahren unser Freund Jean-Luc Bellanger verstorben.

Als Jugendlicher hatte sich Jean-Luc Bellanger einer Widerstandsgruppe im besetzten Frankreich angeschlossen. 1942 wurde er jedoch denunziert, wegen »Feindbegünstigung« zu zehn Jahren Haft verurteilt und als 17-Jähriger aus Frankreich ins Strafgefängnis Wolfenbüttel gebracht. Dort erhielt er durch verschiedene Arbeitseinsätze, u.a. in der Bibliothek und dem Lazarett, Einblick in viele Bereiche des Haftalltags und knüpfte auch Kontakte zu Angehörigen anderer Widerstandsgruppen. Insbesondere war er darüber informiert, dass zahlreiche Widerstandskämpfer als »NN-Häftlinge« (»Nacht und Nebel«) hingerichtet wurden. Nach der Befreiung Wolfenbüttels durch amerikanische Truppen am 11. April 1945 kehrte Bellanger im Mai nach Frankreich zurück. In seiner Heimat schloss nach seiner Rückkehr nach Frankreich ein Studium und eine Journalistenausbildung ab. Er engagierte sich für den deutsch-französischen Studentenaustausch und arbeitete bei Radio France International. Seit 1991 veröffentlicht er regelmäßig Berichte und Rezensionen im Magazin »Patriote Résistant«. Von 1996 bis 2011 gehörte er der Fachkommission zur Neugestaltung der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel an. Von 2005 bis 2014 war er Mitglied des Stiftungsbeirates.

2018 erschienen seinen Erinnerungen über die Haft in Wolfenbüttel auf Deutsch (Jean-Luc Bellanger: „Feindbegüstigung“ – Als politischer Häftling im Strafgefängnis Wolfenbüttel, hrsg. von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Göttingen: Wallsteien Verlag, 2018).

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauern um einen Freund und Ratgeber, der sich mit großem Engagement für die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen und für die Würdigung des Widerstandes gegen die Nationalsozialisten einsetzte. Für seine Mitarbeit in den Stiftungsgremien und bei der Neukonzeption der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel sind wir ihm zu großem Dank verpflichtet. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.

Aufbau der Dauerausstellung hat begonnen

In unserem neuen Dokumentationszentrum in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel hat der Einbau der Dauerausstellung begonnen. In einem “Regalsystem” werden entlang den Außenwänden der Verwaltungsapparat und die Akteure aus Justiz und Strafvollzug dargestellt. Im Innenraum werden die Folgen für das Leben der Gefangenen gezeigt.

Die Eröffnung ist für den 17. November vorgesehen.

74. Jahrestag der Befreiung des Strafgefängnisses Wolfenbüttel

Heute vor 74 Jahren, am 11. April 1945, befreiten Einheiten der 9. US-Armee die Stadt und das Strafgefängnis Wolfenbüttel. Vor Ort herrschten zu diesem Zeitpunkt teilweise chaotische Bedingungen: Kurz vor der Ankunft der amerikanischen Truppen waren die meisten Beschäftigten des Strafgefängnisses geflohen; die Gefangenen blieben sich selbst überlassen. Die Todeszahlen waren in den letzten Wochen aufgrund von Überbelegung, einer nur mangelhaften medizinischen Versorgung und dem Ausbruch einer Ruhrepidemie drastisch angestiegen.

Der Gefängnisarzt Dr. Walter Kaltenhöner, der noch am 8. April 1945 eingesetzt worden war, schilderte die Situation in einer späteren Zeugenaussage wie folgt:

Gefangene des Strafgefängnisses Wolfenbüttel im Lazarett wenige Tage nach der Befreiung. • Howard Goodkind / Privatbesitz Tom Goodkind

Gefangene des Strafgefängnisses Wolfenbüttel im Lazarett wenige Tage nach der Befreiung. • Howard Goodkind / Privatbesitz Tom Goodkind

„Der Gesundheitszustand der Gefangenen war erschreckend, als ich mein Amt antrat. Die meisten der Gefangenen waren halb verhungert, alle waren völlig verlaust und verfloht. Ich stellte über 60 Fälle von Lungentuberkulose fest, außerdem gab es einige hundert Ruhrkranke.“

Nach dem Einrücken der Amerikaner wurden die Zellen der etwa 1.500 Inhaftierten geöffnet, sodass sich diese frei auf dem Gelände bewegen konnten. Ehemalige Widerstands-kämpfer aus Westeuropa setzte die US-Armee als Interimsverwaltung des Gefängnisses ein. Darunter Jean-Luc Bellanger, der aus Sicht eines ehemaligen Strafgefangenen vom Augenblick der Befreiung berichtete:

„Eines Morgens (es war der 11.April 1945, ein unvergessliches Datum), ertönte die Alarmsirene. […] Was würde nun passieren, nach diesem vielversprechenden Panzeralarm? Seltsamerweise geschah erst einmal lange Zeit gar nichts. Wir waren alle in den Einzel- oder Gemeinschaftszellen eingeschlossen. […] Von meinem Tisch, auf den ich gestiegen war, blickte ich durchs Fenster, das zum Garten hin lag.

Und plötzlich erblickte ich i h n, wie er da entlang ging: ein kleiner Kerl in Khaki, ein Soldat in einer Uniform, die ich nicht kannte. Er ging schnell und verschwand im „Grauen Haus“, dem Gebäude gegenüber. […] Dann näherten sich Schritte, ich hörte das Geräusch von Schlüsseln, die in Türschlössern gedreht wurden, und schließlich öffnete sich meine Tür.“

Die Befreiung des Strafgefängnisses bedeutete jedoch keinesfalls für alle Inhaftierte das Ende ihrer Gefangenschaft: Noch am 8. April war ein Großteil der westeuropäischen „Nacht und Nebel“-Gefangenen nach Brandenburg-Görden, die zum Tode Verurteilten nach Magdeburg abtransportiert worden. Einige überlebten den Transport nicht. Auch hatten bestimmte Paragrafen über das Kriegsende hinaus Bestand. Daher blieben als “Gewohnheitsverbrecher” oder wegen homosexueller Handlungen Verurteilte weiterhin in Haft.

• Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel / Lukkas Busche

• Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel / Lukkas Busche

Zum Gedenken der Opfer des Strafgefängnisses Wolfenbüttel während der Zeit des Nationalsozialismus wird am Dienstag, 16. April 2019, 19.00 Uhr bereits zum 25. Mal der ökumenische Gottesdienst „Gegen das Vergessen“ in der St. Petrus-Kirche Wolfenbüttel, Harztorwall 2, stattfinden.

In diesem Jahr freuen wir uns zudem auf die Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel im Spätherbst 2019.

Internationale Expertenkommission in der Gedenkstätte

Unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Henne tagte gestern in Wolfenbüttel die Internationale Expertenkommission, die die Neukonzeption der Gedenkstätte wissenschaftlich begleitet. U.a. besichtigten die Expert_innen den Neubau des Dokumentationszentrums, das samt Dauerausstellung im Herbst eröffnet werden soll. Vor Ort stellten die Projektmitarbeiter_innen auch Entwürfe der zukünftigen Ausstellungskapitel vor. Zudem wurde mit dem Neugestaltungsteam unter Leitung von Martina Staats und Jens-Christian Wagner u.a. über das Medienkonzept der Ausstellung diskutiert.

Foto: Anwesende Mitglieder der Internationalen Expertenkommission mit Neugestaltungsteam im Neubau des Dokumentationszentrums. © Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

Neues von der Baustelle: Montage der Rettungstreppe

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Ein Teilelement der Rettungstreppe wird mithilfe eines Krans über den Neubau gehoben.

Am 6. März führte die beauftragte Metallbaufirma die Montage der Rettungstreppe im Außenbereich des neuen Dokumentationszentrums durch. Mit einem Kran wurden die einzelnen Treppenelemente an die Westseite des Neubaus, neben den künftigen Haupteingang, gehoben. Dabei zeigte sich, dass das Herablassen der bis zu 2,90 Meter breiten Teile zwischen der Außenmauer der JVA und dem Neubau zur Millimeterarbeit werden sollte, die letztlich erfolgreich beendet werden konnte. Die Teilelemente wurden vor Ort zusammengesetzt, sodass die Treppe nun über eine Gesamthöhe von sieben Metern verfügt. Sie wird künftig die Notausgänge mit dem Außenbereich verbinden.

Für die Rettungstreppe wurden insgesamt neun Tonnen Stahlblech verarbeitet. Die Fertigungsdauer betrug 140 Arbeitsstunden. Die Farbgebung orientiert sich am gesamten Farbkonzept des Dokumentationszentrums.

Rettungstreppe neu

Bild 1: Präzisionsarbeit beim Herablassen des ersten Treppenteils. Bild 2: Montage des ersten Treppenelements an der Westseite des neuen Dokumentationszentrums. Bild 3: Die fertig montierte Rettungstreppe. Alle Bilder © Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

 

 

 

 

Abschluss des Projektes zum §175 StGB in der frühen Bundesrepublik

Im Januar stellte unsere Kollegin Maria Bormuth die Ergebnisse ihres einjährigen Forschungsprojektes “§175 StGB – 20 Jahre legitimiertes Unrecht in der Bundesrepublik am Beispiel des Strafvollzugs in Wolfenbüttel” der Öffentlichkeit vor. Herausgekommen sind neben pädagogischen Materialien auch die Publikation ”Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt […], wird mit Gefängnis bestraft.”

Mit dem Projekt, dass im Dezember 2017 startete, hat Maria Bormuth eine wegweisende Forschungsarbeit zur strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Männer in der frühen Bundesrepublik vorgelegt. Sie widmete sich dabei am Beispiel des Strafgefängnisses Wolfenbüttel einem bis jetzt wenig erforschtem Themengebiet.

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Pressekonferenz zur Vorstellung der Publikation (v.l.n.r.: Dr. Jens-Christian Wagner, Hans Hengelein, Dr. Carola Reimann; Martina Staats, Maria Bormuth, Thomas Wilde)

Gefördert wurde das Projekt vom niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung. Die Ministerin, Frau Dr. Carola Reimann, der niedersächsische Referent für LSBTII, Hans Hengelein, sowie der Geschäftsführer des Queeren Netzwerkes Niedersachsen, Thomas Wilde, waren genauso wie der Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Dr. Jens-Christian Wagner, und die Leiterin der Gedenkstätte, Martina Staats, bei der Vorstellung der Broschüre vor Vertretern der Presse anwesend. Die Ministerin betonte dabei: “Die Würde von Homosexuellen war bis 1969 antastbar – das darf nie wieder passieren.”

Interessierte können die Broschüre mit dem Titel ”Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt […], wird mit Gefängnis bestraft.” ab sofort über den Buchshop der Stiftung erwerben.

Neues von der Baustelle: Gerüstabbau abgeschlossen, Innenausbau hat begonnen

Bereits in der ersten Novemberwoche wurden die Betonage-Arbeiten am Neubau abgeschlossen. Die Stützen im Innenraum wurden entfernt und der vollständige Rückbau der Gerüstanlagen fand statt. Somit eröffnete sich erstmals ein unverstellter Blick auf die gesamte Außenfassade; die markanten Einritzungen, die aus einer ehemaligen Arrestzelle auf den Bau übertragen wurden, treten deutlich hervor. Gleichzeitig begannen die Baufirmen mit dem Innenausbau des Gebäudes, über den wir in Kürze hier berichten werden.

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© Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel

Der Wolfenbüttel-Prozess in Belgien

Das belgische Forschungsprojekt JUSINBELLGIUM arbeitet zurzeit an der Digitalisierung von Akten des Wolfenbüttel Prozesses, der 1950 vor einem Kriegsgericht in Brüssel stattfand. Sechs frühere Bedienstete des Strafgefängnisses standen damals wegen Kriegsverbrechen vor Gericht. Die Gerichtsakten enthalten eine Fülle bisher unbekannten Materials und stellen eine wertvolle Quelle für unsere Recherchen dar.

JUSINBELLGIUM ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt mit Beteiligung der Freien Universität Brüssel (ULB), des Belgischen Staatsarchivs, der Katholischen Universität Leuven und der Philipps-Universität in Marburg (International Research and Documentation Center for War Crimes Trials). Das Projekt beschäftigt sich mit Kriegsverbrecherprozessen in Belgien seit den 1920er Jahren und stellt die digitalisierten Gerichtsakten im Online Portal des Internationalen Strafgerichtshofs (Legal Tools) für die weitere Forschung zum Download bereit.

In Kürze werden auch die Akten des belgischen Wolfenbüttel Prozesses online zugänglich sein. Die Projektkoordinator_innen Prof. Dr. Pieter Lagrou und Dr. Ornella Rovetta von der ULB sowie Dr. Delphine Lauwers vom Belgischen Staatsarchiv haben uns die bereits digitalisierten Dokumente aber freundlicherweise schon vorab zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen zu JUSINBELLGIUM und Legal Tools:

https://jusinbell.hypotheses.org/

http://www.legal-tools.org/browse/