Der Film dokumentiert die feierliche Eröffnung des Dokumentationszentrums, die am 17. November 2019 im Wolfenbütteler Lessingtheater begann. Mehr als 400 Gäste, darunter über 40 Angehörige von in der NS-Zeit Hingerichteten und Inhaftierten nahmen an diesem Festakt teil. Im Anschluss konnten die Gäste das neu errichtete Dokumentationszentrum mit der Dauerausstellung “Recht. Verbrechen. Folgen. Das Strafgefängnis Wolfenbüttel im Nationalsozialismus” besuchen. https://youtu.be/PjnqTs7KNs8
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Trauer um Jean-Luc Bellanger
Am Samstag, dem 5. Oktober 2019 ist im Alter von 94 Jahren unser Freund Jean-Luc Bellanger verstorben.
Als Jugendlicher hatte sich Jean-Luc Bellanger einer Widerstandsgruppe im besetzten Frankreich angeschlossen. 1942 wurde er jedoch denunziert, wegen »Feindbegünstigung« zu zehn Jahren Haft verurteilt und als 17-Jähriger aus Frankreich ins Strafgefängnis Wolfenbüttel gebracht. Dort erhielt er durch verschiedene Arbeitseinsätze, u.a. in der Bibliothek und dem Lazarett, Einblick in viele Bereiche des Haftalltags und knüpfte auch Kontakte zu Angehörigen anderer Widerstandsgruppen. Insbesondere war er darüber informiert, dass zahlreiche Widerstandskämpfer als »NN-Häftlinge« (»Nacht und Nebel«) hingerichtet wurden. Nach der Befreiung Wolfenbüttels durch amerikanische Truppen am 11. April 1945 kehrte Bellanger im Mai nach Frankreich zurück. In seiner Heimat schloss nach seiner Rückkehr nach Frankreich ein Studium und eine Journalistenausbildung ab. Er engagierte sich für den deutsch-französischen Studentenaustausch und arbeitete bei Radio France International. Seit 1991 veröffentlicht er regelmäßig Berichte und Rezensionen im Magazin »Patriote Résistant«. Von 1996 bis 2011 gehörte er der Fachkommission zur Neugestaltung der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel an. Von 2005 bis 2014 war er Mitglied des Stiftungsbeirates.
2018 erschienen seinen Erinnerungen über die Haft in Wolfenbüttel auf Deutsch (Jean-Luc Bellanger: „Feindbegüstigung“ – Als politischer Häftling im Strafgefängnis Wolfenbüttel, hrsg. von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Göttingen: Wallsteien Verlag, 2018).
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauern um einen Freund und Ratgeber, der sich mit großem Engagement für die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen und für die Würdigung des Widerstandes gegen die Nationalsozialisten einsetzte. Für seine Mitarbeit in den Stiftungsgremien und bei der Neukonzeption der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel sind wir ihm zu großem Dank verpflichtet. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.
74. Jahrestag der Befreiung des Strafgefängnisses Wolfenbüttel
Heute vor 74 Jahren, am 11. April 1945, befreiten Einheiten der 9. US-Armee die Stadt und das Strafgefängnis Wolfenbüttel. Vor Ort herrschten zu diesem Zeitpunkt teilweise chaotische Bedingungen: Kurz vor der Ankunft der amerikanischen Truppen waren die meisten Beschäftigten des Strafgefängnisses geflohen; die Gefangenen blieben sich selbst überlassen. Die Todeszahlen waren in den letzten Wochen aufgrund von Überbelegung, einer nur mangelhaften medizinischen Versorgung und dem Ausbruch einer Ruhrepidemie drastisch angestiegen.
Der Gefängnisarzt Dr. Walter Kaltenhöner, der noch am 8. April 1945 eingesetzt worden war, schilderte die Situation in einer späteren Zeugenaussage wie folgt:
„Der Gesundheitszustand der Gefangenen war erschreckend, als ich mein Amt antrat. Die meisten der Gefangenen waren halb verhungert, alle waren völlig verlaust und verfloht. Ich stellte über 60 Fälle von Lungentuberkulose fest, außerdem gab es einige hundert Ruhrkranke.“
Nach dem Einrücken der Amerikaner wurden die Zellen der etwa 1.500 Inhaftierten geöffnet, sodass sich diese frei auf dem Gelände bewegen konnten. Ehemalige Widerstands-kämpfer aus Westeuropa setzte die US-Armee als Interimsverwaltung des Gefängnisses ein. Darunter Jean-Luc Bellanger, der aus Sicht eines ehemaligen Strafgefangenen vom Augenblick der Befreiung berichtete:
„Eines Morgens (es war der 11.April 1945, ein unvergessliches Datum), ertönte die Alarmsirene. […] Was würde nun passieren, nach diesem vielversprechenden Panzeralarm? Seltsamerweise geschah erst einmal lange Zeit gar nichts. Wir waren alle in den Einzel- oder Gemeinschaftszellen eingeschlossen. […] Von meinem Tisch, auf den ich gestiegen war, blickte ich durchs Fenster, das zum Garten hin lag.
Und plötzlich erblickte ich i h n, wie er da entlang ging: ein kleiner Kerl in Khaki, ein Soldat in einer Uniform, die ich nicht kannte. Er ging schnell und verschwand im „Grauen Haus“, dem Gebäude gegenüber. […] Dann näherten sich Schritte, ich hörte das Geräusch von Schlüsseln, die in Türschlössern gedreht wurden, und schließlich öffnete sich meine Tür.“
Die Befreiung des Strafgefängnisses bedeutete jedoch keinesfalls für alle Inhaftierte das Ende ihrer Gefangenschaft: Noch am 8. April war ein Großteil der westeuropäischen „Nacht und Nebel“-Gefangenen nach Brandenburg-Görden, die zum Tode Verurteilten nach Magdeburg abtransportiert worden. Einige überlebten den Transport nicht. Auch hatten bestimmte Paragrafen über das Kriegsende hinaus Bestand. Daher blieben als “Gewohnheitsverbrecher” oder wegen homosexueller Handlungen Verurteilte weiterhin in Haft.
Zum Gedenken der Opfer des Strafgefängnisses Wolfenbüttel während der Zeit des Nationalsozialismus wird am Dienstag, 16. April 2019, 19.00 Uhr bereits zum 25. Mal der ökumenische Gottesdienst „Gegen das Vergessen“ in der St. Petrus-Kirche Wolfenbüttel, Harztorwall 2, stattfinden.
In diesem Jahr freuen wir uns zudem auf die Eröffnung des neuen Dokumentationszentrums der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel im Spätherbst 2019.
Preisverleihung des Wettbewerbs für Schüler_innen zur Findung eines neuen Gedenkortes
Am 26.06. luden die Stadt Wolfenbüttel und die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel gemeinsam mit MAN Truck & Bus AG, Werk Salzgitter zur Preisverleihung in das Lessingtheater Wolfenbüttel ein. Ziel war es, einen Entwurf für einen Gedenkort zu finden, der an die Hinrichtungsopfer, deren Leichname in das Anatomische Institut Göttingen gebracht wurden, erinnert. Der Ort des Gedenkens soll auf dem Gräberfeld 13a des Hauptfriedhofs entstehen.
Das Foyer des Lessingtheaters wurde bereits frühzeitig geöffnet, um den Gästen die Gelegenheit zu geben, die 33 Wettbewerbsbeiträge der insgesamt 75 Schüler_innen zu besichtigen. Die Preisverleihung selbst wurde durch den Wolfenbütteler Bürgermeister Thomas Pink eröffnet. In seiner Rede bekräftigte er das Interesse der Stadt an der Einrichtung dieses Erinnerungsortes. Die Notwendigkeit eines solchen Ortes wurde durch die eingespielte Videosequenz eines Angehörigen eines im Strafgefängnis Wolfenbüttel Hingerichteten verdeutlicht. Diese Notwendigkeit betonte auch die Leiterin der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel Martina Staats „Wir wollen dem Vergessen dieser – wie es die NS-Richter einstuften – als ‚außerhalb der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft stehenden Menschen‘ entgegenwirken und ein Zeichen setzen“. Anschließend erklärte der Ausbildungsleiter der MAN Academy Hans-Werner Ruhkopf das Interesse von MAN Truck & Bus Salzgitter an der Umsetzung des Projektes, er unterstrich die während der Ausbildung durch das Unternehmen geförderten Skills „Respekt“ und „Toleranz“.
Schließlich folgte der Höhepunkt der Veranstaltung – die Preisverleihung. Verkündet wurden die Preisträger_innen durch das Jurymitglied Rolf Behme, Landeskoordinator für das Fach Kunst und Fachberater bei der Niedersächsischen Landesschulbehörde. Zwei Besonderheiten waren zu bemerken: statt des eigentlich vorgesehenen zweiten Platzes hatte die Jury sich für zwei erste Plätze entschieden; zudem wurde angesichts der Fülle an ansprechenden Einreichungen noch ein Sonderpreis ausgelobt. Mit großem Dank an die zahlreichen interessanten und engagierten Entwürfe galt die Gratulation diesen Preisträger_innen:
3. Preis
Linnea Stolzki und Katja Rausch von der Henriette-Breymann-Gesamtschule Wolfenbüttel
Die betreuende Lehrkraft war Beate Schulz.
Die Preisübergabe erfolgte durch Hans-Werner Ruhkopf und Markus Nier von MAN Salzgitter
1. Preis
Sina Schwieger von der IGS Wallstraße Wolfenbüttel
Die betreuende Lehrkraft war Marieke Scherer
Die Preisübergabe erfolgte durch Simona Häring und Dr. Gustav Partington von Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel
1. Preis
Paula Othmer Pérez vom Gymnasium Neue Oberschule Braunschweig
Die betreuenden Lehrkräfte waren Malte Müller-von der Ohe und Dr. Friederike Fellner.
Die Preisübergabe erfolgte durch Bürgermeister Thomas Pink und Gedenkstättenleiterin Martina Staats
Sonderpreis
Lars Geiger vom Gymnasium Neue Oberschule Braunschweig
Die betreuende Lehrkraft war Dr. Friederike Fellner.
Die Preisübergabe erfolgte durch Alexandra Hupp von der Stadt Wolfenbüttel.
Im Anschluss an die Preisverleihung lud Bürgermeister Thomas Pink zu einem Empfang im Wintergarten des Lessingtheaters, bei dem Gäste und Verantwortliche noch einmal die Gelegenheit zum Austausch hatten.
Text: Dr. Gustav Partington, Maria Bormuth
Das Beitragsbild zeigt die Preisträger_innen gemeinsam mit den betreuenden Lehrkräften und Mitgliedern der Jury. Foto: Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel / Sarah Kunte
Niedersächsische Landtagspräsidentin besucht die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel
Bei ihrem heutigen Besuch der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel gewann die Präsidentin des Niedersächsischen Landtages, Frau Dr. Gabriele Andretta, einen Eindruck von der besonderen Situation, die entsteht, wenn sich die historischen Orte auf dem Gelände einer aktiven Justizvollzugsanstalt befinden. Sie nutzte ihren Besuch, um sich über die pädagogischen Angebote der Gedenkstätte zu informieren und sich den Fortschritt am Bau des zukünftigen Dokumentationszentrums anzusehen. Ab Sommer 2019 wird dort die neukonzeptionierte Dauerausstellung der Öffentlichkeit frei zugänglich sein.
Die Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta erklärte, sie wolle im Rahmen ihrer Sommerreise ganz bewusst die pädagogische Gedenkstättenarbeit in den Mittelpunkt stellen: „Die Zukunft unserer Demokratie liegt in den Händen der jungen Generation. Wie kann sie die Erinnerungskultur für sich annehmen, in ihrem Sinne gestalten und fortführen? Das halte ich für eine wichtige Zukunftsfrage, gerade mit Blick auf den wieder erstarkenden Antisemitismus. Geschichte darf sich nicht wiederholen.“ Zeitzeug_innen, die Jahrzehnte die Erinnerung an den Schrecken des Nationalsozialismus wach gehalten hätten, seien mittlerweile hochbetagt. Deswegen wolle Sie sich über die neuen Wege der Gedenkstätten, Inhalte zu vermitteln und junge Menschen anzusprechen, informieren und austauschen.
In der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel wurden diese neuen Wege bereits betreten. Die Besucher_innen können sich in einer multimedialen Lernumgebung unter pädagogischer Anleitung selbständig mit den Schicksalen von Menschen auseinandersetzen, die während der NS-Zeit im Strafgefängnis Wolfenbüttel inhaftiert waren oder sogar hingerichtet wurden. Sie können anhand der eingescannten Akten, Bilder und persönlichen Zeugnisse erfahren, was staatliche Willkür bedeutet und wie Menschen auf diese reagieren.
Nach der ersten Begrüßung durch Anstaltsleiter Dieter Münzebrock zeigte Gedenkstättenleiterin Martina Staats während des Rundgangs mit Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta die beiden Großexponate „ehemaliges Hinrichtungsgebäude“ und „ehemalige Einzelarrestzelle“, über die Baustelle des neuen Dokumentationszentrums führte der Bauprojektleiter Karl-Michael Heß vom staatlichen Baumanagement Braunschweig. Frau Landtagspräsidentin Dr. Andretta würdigte die Möglichkeiten, die durch die Neugestaltung entstehen werden: „Der auffällig gestaltete Neubau und die neue Dauerausstellung, die konzeptionell den aktuellen Forschungsstand berücksichtigt, ermöglichen auch für die Bildungsarbeit weitere neue Zugänge zu dem Thema ‚Justiz im Nationalsozialismus‘.“ „Der Besuch der Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel“, so Gedenkstättenleiterin Martina Staats, „und ihr Interesse an neuesten Forschungsergebnissen und Vermittlungsformen beweist, dass die Zeit der Aufarbeitung und des Gedenkens nicht endet. Geschichte und Erinnerung sind ein sich verändernder, lebendiger und gesellschaftlicher Prozess. Vergangenheit wirkt immer in die Gegenwart.“
Bildunterschrift Titelbild: Gedenkstättenleiterin Martina Staats und die Landtagspräsidentin im Gespräch am historischen Ort. (Foto: Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel / Sarah Kunte)
Jury-Wettbewerb zu einem neuen Gedenkzeichen
Am Mittwoch, dem 30. Mai 2018, fand in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel die Jury-Sitzung für den Schüler_innen-Wettbewerb für einen Gedenkort auf dem Wolfenbütteler Hauptfriedhof statt. An diesem Ort soll den über 200 Hingerichteten des Strafgefängnisses Wolfenbüttel gedacht werden, deren Leichname zwischen 1937 und 1945 an das anatomische Institut der Universität Göttingen abgegeben wurden.
Bei einem 2017 von der Gedenkstätte organisierten Treffen von Familienangehörigen äußerten sie den Wunsch angesichts fehlender Gräber dieser Hingerichteten eine Erinnerungsstätte als Ort der Trauer und des Gedenkens einzurichten. Dieser Wunsch wurde erstmals bei dem jährlichen Gedenkgottesdienst 2017 in der Öffentlichkeit kommuniziert.
Die Stadt Wolfenbüttel nahm diese Anregung auf und schlug einen Ideenwettbewerb unter weiterführenden Schulen für interessierte Schüler_innen vor, um einen solchen Erinnerungsort auf dem Gräberfeld 13a des Hauptfriedhofs in Wolfenbüttel zu schaffen. Zudem ist der langjährige Projektpartner der Gedenkstätte, MAN Truck & Bus AG Salzgitter, eingebunden.
Am Mittwoch wählte die sechsköpfige Jury aus insgesamt 33 Entwürfen von Schüler_innen aus vier verschiedenen Schulen in Wolfenbüttel und Braunschweig die Preisträger_innen aus.
Die Gewinner_innen werden am 26. Juni 2018 im Lessingtheater Wolfenbüttel bekanntgegeben und ausgezeichnet.
Foto (v.l.n.r): Markus Nier (MAN), Eberhard Marquordt (Stadt Wolfenbüttel), Rolf Behme (Fachberater für den Bereich Kunst), Alexandra Hupp (Stadt Wolfenbüttel) sowie Martina Staats und Simona Häring (Leiterin und stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte)
© Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel
7. Wolfenbütteler Gedenkstättenforum
Am Donnerstag, dem 17. Mai 2018, fand das 7. Wolfenbütteler Gedenkstättenforum in der Komisse in Wolfenbüttel statt. Passend zum Internationale Tag gegen Homophobie und Transphobie wurde beim Gedenkstättenforum die Verfolgung nach §175 in der frühen Bundesrepublik thematisiert.
Ab 17 Uhr wurde die von Hans Kremer kuratierte Ausstellung “§175 Geschichte & Schicksale” gezeigt. Gleichzeitig stellten sich die regionalen LGBT*IQ-Projekte Onkel Emma – das queere Zentrum, Braunschweiger AIDS-Hilfe und Akademie Waldschlösschen vor.
Im Anschluss wurde der Film “Anders als du und ich (§175)” aus dem Jahr 1957 gezeigt und durch den Filmwissenschaftler Eyke Isensee historisch kommentiert und eingeordnet. Die Gedenkstättenleiterin Martina Staats, der Referent für LSBTTI und Aids-Koordinator im Niedersächsischen Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, Hans Hengelein, sowie Thomas Wilde, Geschäftsführer des Queeren Netzwerkes Niedersachsen begrüßten vorab die etwa 50 Gäste.
73. Jahrestag der Befreiung
Anlässlich des 73. Jahrestags der Befreiung des Strafgefängnisses Wolfenbüttel am 11. April 1945 veranstaltete die Gedenkstätte am letzten Sonntag das dritte Familientreffen für Angehörige von in der NS-Zeit Hingerichteten und Inhaftierten. In diesem Jahr nahmen Angehörige aus Belgien, Dänemark, Niederlande und Deutschland am Familientreffen teil, um gemeinsam mit den Mitarbeiter_innen der Gedenkstätte und des Neugestaltungsprojekts den Opfern der Justiz und des Strafvollzugs im Nationalsozialismus zu gedenken.
Das Familientreffen fand erstmals 2016 statt und dient den Angehörigen als Ort des informellen Austauschs untereinander, in einem privaten Rahmen unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Die Erfahrungen der Familien im Umgang mit der eigenen Geschichte und das Gedenken ihrer Angehörigen stehen im Zentrum der Veranstaltung. Das Team der Gedenkstätte und des Neugestaltungsprojekts begleitete die Gäste an diesem Tag, unterstützte, informierte und stand für Fragen bereit.
Martina Staats, Leiterin der Gedenkstätte, informierte die Anwesenden über die Arbeit der Gedenkstätte und den aktuellen Stand des Neugestaltungsprojekts, das im Frühling einen ersten Abgabetermin für Inhalte der neuen Ausstellung vorsieht.
Maria Bormuth, die zur strafrechtlichen Verfolgung homosexueller Männer und den dadurch entstandenen gesellschaftlichen Zwängen forscht, stellte das Projekt „§ 175 StGB – 20 Jahre legitimiertes Unrecht in der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel des Strafvollzugs in Wolfenbüttel“ vor.
Auf dem städtischen Friedhof Lindener Straße erläuterte Gustav Partington gemeinsam mit Alexandra Hupp von der Stadt Wolfenbüttel die Fortschritte im Projekt zur Aufstellung einer Erinnerungstafel für die Hingerichteten, die an die Anatomie in Göttingen abgegeben wurden und deren Familien bis heute keinen Ort zum Trauern und Erinnern haben.
Am Ende des Familientreffens fand in der ehemaligen Hinrichtungsstätte eine Gedenkzeremonie mit Kranzniederlegung statt.
Gedenkgottesdienst in der Petruskirche
Anlässlich des 73. Jahrestages der Befreiung des Strafgefängnisses Wolfenbüttel am 11. April 1945 veranstalteten die Pfarrei St. Petrus, die Kolpingfamilie Wolfenbüttel, Amnesty International und die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel am 27. März 2018 einen Gedenkgottesdienst. Unter dem Titel „Verlasst euch nicht auf die Rede der Mächtigen“ war die Feier in der St. Petrus Kirche der Lebensgeschichte von Wladimir Puchljakow gewidmet.
Wladimir Puchljakow wurde wegen Spionage zum Tode verurteilt und saß ab Oktober 1944 im Strafgefängnis Wolfenbüttel in Einzelhaft. Er gehörte zur Gruppe der sogenannten „Nacht-und-Nebel-Gefangenen“, Personen, die wegen Aktivitäten im Widerstand gegen die deutsche Besatzungsmacht im Geheimen nach Deutschland verschleppt wurden. Am 12. Februar 1945 wurde Waldimir Puchljakow in Wolfenbüttel hingerichtet.
Von November 1944 bis Februar 1945 schrieb Puchljakow heimlich mehr als 20 Briefe und ließ diese an einer Schnur zum Kellerfenster des „Grauen Hauses“ hinunter. Auch ein Abschiedsbrief an seine Frau war dabei. Der Belgier Jean Vanderborght schmuggelte die Briefe bei einem Räumungstransport im April 1945 aus dem Gefängnis.
Nach dem Gottesdienst hatten die Besucher_innen Zeit zum Austausch. Außerdem bestand die Gelegenheit sich das abgeschlossene Ausstellungsprojekt zur Geschichte des ehemaligen Haftraums Zelle 27 des „Grauen Hauses“ und Biografien von zwischen 1933 und 1945 in diesem Haus inhaftierten Personen anzusehen.
Trauer um Elke Zacharias
Verfasst von Martina Staats (Leiterin der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel):
Die Mitarbeiter_innen der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel trauern um Elke Zacharias, Leiterin der Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Drütte.
Wir vermissen Dich, Elke!
Deinen Humor, Deine Energie, Deine Zuversicht, Deinen Ideenreichtum, Deine Fachkompetenz, die Zusammenarbeit und den Austausch mit Dir.
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