Schlagwort-Archive: Staatliches Baumanagement

Richtfest für den Neubau

In Anwesenheit zahlreicher Gäste aus dem In- und Ausland, darunter Landtagsvizepräsident Bernd Busemann und Angehörige von im Nationalsozialismus Hingerichteten und Inhaftierten, wurde in Wolfenbüttel in der letzten Woche das Richtfest für das neue Dokumentationszentrum der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel gefeiert.

Kultusminister Grant Hendrik Tonne sowie Finanzminister Reinhold Hilbers hoben die internationale Bedeutung des Gedenkstätte hervor und dankten den Planern sowie Bauleuten für ihr Engagement bei der Errichtung des Dokumentationszentrums, das seinen Besuchern die Möglichkeit geben soll, sich intensiv mit der Geschichte der Justiz und des Strafvollzugs im Nationalsozialismus auseinanderzusetzen – samt den Brüchen und Kontinuitäten nach 1945.

Grant Hendrik Tonne (Foto: Jesco Denzel)

Grant Hendrik Tonne (Foto: Jesco Denzel)

Gedenkstättenleiterin Martina Staats verwies auf die Folgen, die die Verbrechen an den Gefangenen auf deren Angehörige hatten. Im Unterschied zu ehemaligen KZ-Häftlingen waren die NS-Justizgefangenen auch nach 1945 noch lange mit dem Stigma des „Kriminellen“ behaftet, auch wenn es sich um Widerstandskämpfer handelte. Frau Staats dankte zudem der JVA und ihrem Leiter Dieter Münzebrock, dass der Gedenkstättenneubau auf dem JVA-Gelände errichtet werden kann.

Die Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel wird von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten getragen. Deren Geschäftsführer Dr. Jens-Christian Wagner hob mit Verweis auf die Erfolge rechtsnationaler Parteien aktuelle Bezüge beim Blick auf die NS-Justiz hervor: „Die Nazis vertraten die Ideologie einer homogenen Gesellschaft, eine Ideologie, die als ‚gefährlich‘ bezeichnet, wer anders ist, und die fordert, diese Menschen wegzuschließen oder auszuweisen. Diese Ideologie gewinnt derzeit immer mehr Anhänger – und das nicht nur in Chemnitz, sondern überall in Deutschland und darüber hinaus.“ In Wolfenbüttel könne man lernen, welche Folgen eine solche Ideologie habe.

 

Titelfoto:

Feierten das Richtfest des Dokumentationszentrums Wolfenbüttel (v.l.n.r.): Landtagsabgeordneter Christoph Bratmann (SPD); Karl-Michael Hess, Staatliches Baumanagement Braunschweig; Landtagsvizepräsident Bernd Busemann (CDU); Kultusminister Grant Hendrik Tonne; Finanzminister Reinhold Hilbers; Martina Staats, Leiterin der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel; Thomas Popp, Leiter des Staatlichen Baumanagements Braunschweig; Dr. Jens-Christian Wagner, Geschäftsführer der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten; Dieter Münzebrock, Anstaltsleiter der JVA Wolfenbüttel; Architekt Henner Winkelmüller (Foto: Jesco Denzel).

Ein Neubau für die Gedenkstätte

Ein wesentlicher Teil der Neugestaltung ist die Erweiterung der Gedenkstätte um einen Neubau mit Ausstellungs-, Büro- und Multi-Funktions-Räumen. Dieser bildet zukünftig einen Teil der Außenmauer JVA und wird über den Parkplatz der benachbarten Volksbank erschlossen. Damit wird es allen Besucher_innen künftig möglich sein, die Dauerausstellung der Gedenkstätte ohne vorherige Anmeldung während der regelmäßigen Öffnungszeiten zu besuchen.

Mit der Realisierung des Neubaus wurde im Frühjahr 2016 die Bietergemeinschaft winkelmüller.architekten, Berlin und iwb-ingenieure, Braunschweig nach einem Auswahlverfahren beauftragt.

Der Neubau sieht im 1. Obergeschoss eine 280 qm umfassende Ausstellungsfläche vor. Als prägendes Element stellt ein großzügiges Ausstellungsfenster eine Sichtbeziehung zu den historischen Orten (ehemaliges Hinrichtungsgebäude, Hafthaus III  und Todeszelle 27 im sogenannten Grauen Haus) her. Da Führungen zu den historischen Orten für Besucher_innen weiterhin nur nach vorheriger Anmeldung möglich sein werden, können Besucher_innen der Ausstellung so trotzdem einen Blick auf diese Orte werfen.

Neubau_2

Quelle: winkelmüller.architeckten gmbh

Im Erdgeschoss des Neubaus sind multifunktionale Räume für die Bildungsarbeit und Veranstaltungen der Gedenkstätte geplant. Im obersten Geschoss werden Büro- und Lagerungsräume geschaffen.

Beitragsbild: winkelmüller.architekten gmbh

“Wie stellt man Recht aus?”

Am 15. und 16. Januar 2015 kamen die Mitglieder der Internationalen Expertenkommission (IEK) in der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel zusammen, um über den derzeitigen Stand der Arbeiten im Neugestaltungsprojekt zu beraten. Gleichzeitig trafen die Kommissionsmitglieder erstmals auch den neuen Geschäftsführer der Stiftung und das neue Projektteam.

Am ersten Tag stellten wir der IEK erste Arbeitsergebnisse zur Erweiterung der Sammlung und die ersten Planungen zur Neugestaltung des Hinrichtungshauses vor. Bei der Begehung des Hinrichtungsgebäudes wurden sogleich wichtige Fragen aufgeworfen: Wie kann mit der historischen Bausubstanz des Ortes umgegangen werden? Welche Umbauarbeiten müssen und sollen durchgeführt werden, um den historischen Zustand wieder sichtbar zu machen? Was soll wo und wie vermittelt werden? Und wie erinnert man an die hingerichteten Opfer der NS-Justiz? All das bot Spielraum für anregende Diskussionen. Mit baufachlichem Wissen stand uns dabei Herr Heß vom Staatlichen Baumanagement zur Seite.

Den zweiten Tag eröffnete die Vorsitzenden der IEK, Prof. Dr. Inge Marszolek, mit einer Zusammenfassung der am Vortag kontrovers diskutierten Fragestellungen. Dies bot zugleich den Einstieg, vertiefend über das Ausstellungskonzept zu beraten. Welche Themenblöcke sollen in der neu konzipierten Gedenkstätte dargestellt werden und wie lässt sich das am besten umsetzen? Wie stellt man nun also Recht aus? Wichtige Fragen, die an diesem aufgeworfen wurden und die nun von uns mit Leben gefüllt werden wollen.

Diskussion der zukünftigen Besucher_innen-Führung durch das ehemalige Hinrichtungsgebäude, v.l.n.r.: Arnulf Heinemann, Stefan Wilbricht, Dr. Jens-Christian Wagner, Prof. Dr. Inge Marszolek. Foto: Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel / Stefan Wilbricht