Am Samstag, dem 5. Oktober 2019 ist im Alter von 94 Jahren unser Freund Jean-Luc Bellanger verstorben.
Als Jugendlicher hatte sich Jean-Luc Bellanger einer Widerstandsgruppe im besetzten Frankreich angeschlossen. 1942 wurde er jedoch denunziert, wegen »Feindbegünstigung« zu zehn Jahren Haft verurteilt und als 17-Jähriger aus Frankreich ins Strafgefängnis Wolfenbüttel gebracht. Dort erhielt er durch verschiedene Arbeitseinsätze, u.a. in der Bibliothek und dem Lazarett, Einblick in viele Bereiche des Haftalltags und knüpfte auch Kontakte zu Angehörigen anderer Widerstandsgruppen. Insbesondere war er darüber informiert, dass zahlreiche Widerstandskämpfer als »NN-Häftlinge« (»Nacht und Nebel«) hingerichtet wurden. Nach der Befreiung Wolfenbüttels durch amerikanische Truppen am 11. April 1945 kehrte Bellanger im Mai nach Frankreich zurück. In seiner Heimat schloss nach seiner Rückkehr nach Frankreich ein Studium und eine Journalistenausbildung ab. Er engagierte sich für den deutsch-französischen Studentenaustausch und arbeitete bei Radio France International. Seit 1991 veröffentlicht er regelmäßig Berichte und Rezensionen im Magazin »Patriote Résistant«. Von 1996 bis 2011 gehörte er der Fachkommission zur Neugestaltung der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel an. Von 2005 bis 2014 war er Mitglied des Stiftungsbeirates.
2018 erschienen seinen Erinnerungen über die Haft in Wolfenbüttel auf Deutsch (Jean-Luc Bellanger: „Feindbegüstigung“ – Als politischer Häftling im Strafgefängnis Wolfenbüttel, hrsg. von der Stiftung niedersächsische Gedenkstätten, Göttingen: Wallsteien Verlag, 2018).
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trauern um einen Freund und Ratgeber, der sich mit großem Engagement für die Auseinandersetzung mit den NS-Verbrechen und für die Würdigung des Widerstandes gegen die Nationalsozialisten einsetzte. Für seine Mitarbeit in den Stiftungsgremien und bei der Neukonzeption der Gedenkstätte in der JVA Wolfenbüttel sind wir ihm zu großem Dank verpflichtet. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen.