Archiv der Kategorie: forschen & sammeln

Bauhistorische Untersuchung im ehemaligen Hinrichtungsgebäude

Beginn der bauhistorischen Untersuchung

Die Berliner Bauhistoriker_innen Barbara Schulz und Axel Drieschner haben mit der bauhistorischen Untersuchung des ehemaligen Hinrichtungsgebäudes begonnen. Nach 1948 nutzte die Strafanstalt das Gebäude in verschiedenen Funktionen weiter, beispielweise als Badeort für Gefängnisbedienstete und später als Werkstatt, und baute es für die jeweiligen Zwecke um. Um Aussagen über die Bausubstanz der frühen 1940er Jahre zu treffen verorten die Bauforscher_innen nun alte Tür- und Fensteröffnungen und legen Wandfliesen und Wasseranschlüsse frei. So konnten sie bereits feststellen, dass sich der Eingang zum ehemaligen Hinrichtungsraum an anderer Stelle befand, als es der jetzigen Bausituation entspricht.

Die Bauforscherin Barbara Schulz lokalisiert den Standort der Guillotine im ehemaligen Hinrichtungsgebäude. Foto: Stefan Wilbricht/GWF

Die Bauforscherin Barbara Schulz lokalisiert den Standort der Guillotine im ehemaligen Hinrichtungsgebäude. Foto: Stefan Wilbricht/GWF

Auch der historisch korrekte Standort der Guillotine ließ sich anhand von historischen Bauzeichnungen und Fotografien lokalisieren. In Absprache mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege fließen die bauhistorischen Befunde nach Abschluss der Untersuchungen in die Neugestaltung des Gebäudes ein.

Kriminaltechnische Untersuchung LKA Niedersachsen

Kriminaltechnische Untersuchung der ehemaligen Hinrichtungsstätte

Im Rahmen der Bauuntersuchung des ehemaligen Hinrichtungsgebäudes überprüften zwei auf DNA-Analysen spezialisierte Expertinnen vom Kriminaltechnischen Institut des Landeskriminalamt Niedersachsen Farbrückstände auf den Bodenfliesen am ehemaligen Standort der Guillotine. Dazu entnahmen sie mit einem Skalpell und mit einem angefeuchteten Wattetupfer Farbpigmente und führten noch vor Ort zwei unterschiedliche Schnelltests zum Nachweis von Blutspuren durch. Bei beiden Tests konnten keine Spuren von Blut nachgewiesen werden.

Auch ein weiterer Test im Labor des Kriminaltechnischen Instituts fiel negativ aus. So kann nun mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass es sich bei den Farbrückständen auf den Bodenfliesen im ehemaligen Hinrichtungsraum um Blutreste der Opfer von Hinrichtungen handelt.

Der Historiker Christoph Bitterberg beim 5. Gedenkstättenforum in Wolfenbüttel.

Der Historiker Christoph Bitterberg zu Besuch in Wolfenbüttel

Im Vortrag zu Strafvollzug im Nationalsozialismus stellte der Hamburger Historiker Christoph Bitterberg am Beispiel der Haftanstalten Wolfenbüttel und Hamburg-Fuhlsbüttel seine neuesten Forschungsergebnisse vor. Er zeigte die Veränderungen im Strafvollzug von der Weimarer Republik zum und während des Nationalsozialismus auf.

Versuchte der Strafvollzug der Weimarer Republik noch erzieherisch auf die Gefangenen einzuwirken und damit weiteren Straftaten vorbeugend entgegen zu wirken, so zeigt sich mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten eine Verschärfung des Strafvollzuges, in der das Moment der Abschreckung in den Vordergrund trat. Mit der Konsolidierung der nationalsozialistischen Herrschaft fanden vermehrt rassische bzw. rassenhygiensche Überlegungen Einzug den Strafvollzug. Mit Beginn und Fortlauf des Krieges kam es zu einem Anstieg der Todeszahlen in den Haftanstalten Wolfenbüttel und Hamburg-Fuhlsbüttel. Der Haftalltag war für die Gefangenen geprägt durch lange Arbeitszeiten und eine schlechte Ernährungslage.

In seiner Zusammenfassung wies Christoph Bitterberg abschließend darauf hin, dass man von dem Strafvollzug im Nationalsozialismus allerdings nicht sprechen kann. Vielmehr hatten die Strafanstalten trotz des hierarchischen Systems durchaus Handlungsspielräume, was sich daran zeigt, dass Anweisungen aus dem Reichsjustizministerium oftmals ganz unterschiedlich umgesetzt wurden.